Clubhouse im Marketing: Welchen Nutzen bietet die neue Hype-App für Unternehmen?
An der Live-Podcasting-App Clubhouse führt derzeit in den sozialen Netzwerken kein Weg vorbei. Dabei ist sie keineswegs neu – in den USA gibt es die Social-Media-Plattform schon seit März 2020. Auch dort wurde sie direkt zum Hype. Doch was macht die Social-Media-Plattform so besonders? Woher kommt der plötzliche Hype und wie können Unternehmen Clubhouse im Marketing integrieren?
Was macht Clubhouse so besonders?
Clubhouse verbindet zwei Formate miteinander, die sich derzeit großer Beliebtheit erfreuen: Audio und Live. Im Wesentlichen ist Clubhouse also ein soziales Netzwerk für Audio-Konversationen. Die Anbieter bezeichnen sie als „neue Art von sozialem Dienst, der auf Sprache basiert und es Menschen überall auf der Welt ermöglicht, sich zu unterhalten, Geschichten zu erzählen, Ideen zu entwickeln, Freundschaften zu vertiefen und interessante neue Leute zu treffen“. Die Kommunikation in der App funktioniert nur über Audio. Es gibt keine Texte, Bilder, GIFs oder ähnliches. Die Teilnehmer müssen also miteinander sprechen, wenn sie etwas zu einem Thema sagen wollen. Eine weitere Besonderheit und Teil des Marketing-Konzepts der Hype-App ist künstliche Verknappung. Denn Clubhouse ist längst nicht für alle Menschen verfügbar. Wer ein Android-Smartphone hat, ist von vornherein ausgeschlossen, da das Netzwerk derzeit nur für iPhone verfügbar ist. Aber auch wenn Ihr ein Gerät mit iOS besitzt, ist das kein Garant dafür, dass Ihr Zutritt zur App bekommt. Dafür benötigt Ihr eine Einladung von einem bereits aktiven Mitglied. Alle Nutzer/innen, die mit einer Einladung Zutritt erhalten, bekommen ihrerseits zwei Einladungen, die sie an Personen verschicken können.
Clubhouse im Marketing- und Business-Kontext
Da aktuell nur „private“ Profile auf der App erlaubt sind, wird es schwer, auf Clubhouse im Marketing aktiv zu werden. Habt Ihr allerdings in Eurem Unternehmen Experten auf einem gewissen Fachgebiet oder Corporate Influencer, könnt Ihr mit diesen auf der App aktiv werden. Einige Themenvorschläge sind:
- Q&A Room nach dem Ende eines Live-Streams auf Instagram, Facebook und Co., in dem sich interessierte Personen mit den Protagonisten des Live-Streams austauschen können.
- „Meet the Speakers“ vor oder nach einer (Online-)Konferenz
- „Meet the CEO/Head of Marketing, etc.“
- Live-Podcast: Vorteil von Clubhouse: Interessierte Personen können direkt Fragen stellen
- Additional Content: Habt Ihr einen Podcast, YouTube-Channel oder Blog, könnt Ihr einzelne Themen in einem Raum auf Clubhouse mit den Konsumenten besprechen und einordnen
Auf Clubhouse trefft Ihr eine andere Zielgruppe an als auf den herkömmlichen Social-Media-Kanälen. Im deutschsprachigen Raum sind derzeit vor allem Gründer, Marketing-Experten und Personen aus der Tech-Branche anzutreffen. Die breite Bevölkerung findet sich noch nicht in der App. Es geht noch nicht um große Reichweiten, weshalb sich die Potenziale für den E-Commerce erst noch zeigen müssen. Aktuell können vor allem Personal Brands ihre Kernzielgruppe stärken und von starken Netzwerkeffekten profitieren. Eine schnelle Reaktion ist aber wichtig. Denn wer als Early Adopter den Zeitvorsprung nutzt, kann von den Vorteilen profitieren. Dennoch bleibt abzuwarten, wie sich das Netzwerk in den kommenden Wochen entwickelt und wie Marken mit innovativen Strategien neue Maßstäbe setzen.
Wie funktioniert die App?
Der Kern von Clubhouse sind Chat-Räume zu verschiedensten Themen. Bei der Anmeldung könnt Ihr Themen auswählen, die Euch interessieren und zu denen Ihr von der App Account-Empfehlungen oder Vorschläge für Chat-Räume erhaltet. Euer Profil sieht ähnlich aus, wie wir es bereits von anderen Social-Media-Plattformen kennen. Ihr könnt eine Bio anlegen und auf Euren Instagram- und Twitter-Account verlinken. Im „Feed“ seht Ihr, welche Talks gerade aktiv sind. In einer Art Timetable könnt Ihr außerdem sehen, welche Räume in den nächsten Stunden geplant sind:
Quelle: eigener Screenshot
Innerhalb der Chat-Räume gibt es drei Arten von Anwendern:
- Moderatoren: Diese leiten den Raum und haben die Möglichkeit, Zuhörer zu Sprechern zu machen und auf die „Bühne“ zu holen oder von dieser zu entfernen.
- Sprecher: Diese Gruppe wird von den Moderatoren bestimmt und kann aktiv am Gespräch teilnehmen, jedoch keine Personen als Sprecher hinzufügen oder entfernen
- Zuhörer: Betretet Ihr einen Raum, seid Ihr zunächst Zuhörer und könnt das Gespräch live mitverfolgen. Wollt Ihr etwas zum Gespräch beitragen, könnt Ihr auf das Hand-Symbol klicken, sodass Euch die Moderatoren als Sprecher hinzufügen können.
Grundsätzlich ist Clubhouse also eine Live-Podcasting-Plattform – sozusagen ein Twitch für Audio-Inhalte. Bei der Entdeckung neuer Accounts empfehlen wir Euch, Eure Bubble auch einmal zu verlassen und über den Tellerrand hinauszuschauen. Investiert mehr Zeit in die Suche nach neuen Creatorn, anstatt denselben Personen zu folgen wie auf allen anderen Plattformen auch. Es bietet sich auch an, Accounts aus den USA zu abonnieren, denn dort sind die Chats bereits über die „Das ist Clubhouse“-Phase hinaus und bieten spontane Diskussionen zu verschiedensten Themen.
Woher kommt der plötzliche Erfolg von Clubhouse?
Sowohl Audio- als auch Live-Inhalte stehen in allen sozialen Netzwerken hoch im Kurs. Clubhouse verbindet beides und trifft damit den Zeitgeist. Die App bringt Menschen aus den verschiedensten Feldern kurzfristig und unkonventionell zusammen und verleiht jedem eine aktive Stimme für Austausch und Diskussionen. Damit bietet Clubhouse eine spannende Alternative zu den herkömmlichen Bild- und Text-basierten sozialen Netzwerken. Allerdings gibt es hier keine Aufzeichnung der Inhalte. Wer einen Talk verpasst, kann diesen nicht mehr nachholen. Dadurch fördert die App FOMO (Fear Of Missing Out) – eine weitere Marketingstrategie, die Nutzer/innen in die App ziehen soll. Auch durch die Vermarktung der App auf anderen Social-Media-Plattformen soll bei Nutzer/innen der Netzwerke das Verlangen geweckt werden, möglichst schnell eine Einladung für die App zu erhalten. Clubhouse suggeriert Nicht-Nutzern somit ständig, dass sie etwas verpassen könnten und weckt so das Interesse.
Welche Probleme birgt die App?
Trotz vieler positiver Stimmen kommt Clubhouse nicht ohne Kritik davon. Nicht nur der Datenschutz, auch die Exklusivität und der Ausschluss bestimmter Personengruppen wird von vielen Personen kritisch betrachtet.
Datenschutz
Für die virale Verbreitung der App setzt Clubhouse auf eine umstrittene Methode, die bereits Grundlage des rasanten Wachstums von WhatsApp war. Nachdem Ihr die App installiert und die Einladung aktiviert habt, erfordert die App einen Zugriff auf sämtliche Einträge in Eurem Kontakte-Adressbuch. Diese Praxis wird von Datenschützern in Europa stark kritisiert, da Ihr in der Theorie jeden Eurer Kontakt um Erlaubnis bitten müsst, bevor ihre persönlichen Daten auf einen Server in den USA übertragen werden.
Ausschluss bestimmter Personengruppen
Die Hype-App ist nicht zugänglich für alle Personengruppen. Nicht nur Android-Nutzer/innen haben das Nachsehen, auch wer keine Einladung bekommt, geht leer aus. Zudem haben Audio-only-Plattformen den Nachteil, dass Personen mit einer Hörbehinderung ebenfalls von vornherein ausgeschlossen werden.
Keine Moderation der Inhalte
Zwar gibt es Moderatoren in den Chat-Räumen, die die Diskussion leiten, doch Personen, die Personen und Inhalte kontrollieren und moderieren, sucht man vergebens. So sind auch Personen, die bereits von anderen Plattformen verbannt wurden, aktiv auf Clubhouse und verbreiten Fehlinformationen oder gefährliches Gedankengut. Chat-Räume, die nur dem Zweck dienen, Hass über bestimmte Ethnien oder Menschengruppen zu verbreiten, sind keine Seltenheit. Gebannt oder blockiert wird jedoch niemand. Auch das Fehlen eines Like- oder Dislike-Buttons nimmt Zuschauer/innen die Möglichkeit, Ihre Meinung zu bestimmten Talks zu äußern.
Förderung von FOMO
Social-Media-Kanäle sind dazu da, um das eigene Leben und die eigenen Gedanken mit anderen Menschen zu teilen. Viele Menschen teilen alles, was sie tun, auf Social Media. Das kann dazu führen, dass man denkt, die eigenen Erlebnisse und Gedanken seien nicht gut genug. FOMO kann sogar die Art und Weise beeinflussen, wie unser Gehirn angenehme Erlebnisse verarbeitet. Alle Social-Media-Kanäle fördern dieses Phänomen, doch Clubhouse geht sogar noch einen Schritt weiter und setzt es gezielt als Marketingstrategie ein.
Gekommen, um zu bleiben oder doch nur ein Hype?
Clubhouse zeigt mit seiner Marketingstrategie eindrucksvoll, wie ein innovatives Konzept innerhalb weniger Tage einen riesigen Hype auslösen kann. Das Konzept der App ist neu und keine Kopie von bereits bestehenden sozialen Netzwerken. Derzeit ist jedoch nur eine kleine Personengruppe im deutschsprachigen Raum aktiv. Es bleibt also abzuwarten, ob auch die breite Bevölkerung ihren Weg in die App findet und diese auch nutzt. Clubhouse ist kein „Nebenbei“-Medium, sondern erfordert Aufmerksamkeit und Konzentration. Inhalte in den Chat-Räumen sollten qualitativ hochwertiger werden, um langfristig zielführend zu bleiben. Für Unternehmen ist Clubhouse nicht das neue Nonplusultra, sondern vielmehr eine Möglichkeit Inhalte zu transportieren und in Zukunft noch enger mit der eigenen Zielgruppe zu kommunizieren.
Was meint Ihr? Wird sich Clubhouse im Marketing etablieren oder ist der Hype bald wieder vorbei? Schreibt uns gern an hallo@somengo.de, via Instagram oder im Facebook Messenger. Wir freuen uns auf Eure Nachrichten!