Zwei Männer sitzen vor einem PC und arbeiten

Social Media und Gaming – Wie passt das zusammen?

18. August 2021 

Ein Interview mit Leon Sippel

Gaming ist ein wichtiger Bestandteil des Alltags von vielen Menschen. Besonders seit Beginn der Coronapandemie sind Online-Games aller Art beliebter als je zuvor. Uns interessiert dabei vor allem eines: Wie passen Social Media und Gaming eigentlich zusammen? Und welche Möglichkeiten haben Unternehmen, um ihre Zielgruppe im Gaming-Bereich zu erreichen? Diese Fragen haben wir Leon gestellt. Er ist bei der Somengo sowohl im Design als auch im Account Management tätig und kommt aus der Gaming-Branche.

Leon, du bringst schon Erfahrung aus dem Gaming-Bereich mit. Welche Zielgruppen können denn im Gaming-Bereich erreicht werden?

Um als Unternehmen Gamer zu erreichen, gibt es verschiedene Wege. Generell gibt es große Unterschiede zwischen Gamern – zum einem vom Alter und zum anderen von den Interessen. Die Zielgruppe ist bereits so umfassend, dass diese, bevor man überhaupt startet, besser definiert werden sollte. Laut einer Mitarbeiterin von EA ist der Begriff „Gamer“ sogar bereits überflüssig, da nahezu jeder Mensch schon mal etwas gespielt hat. Die Nutzung des Wortes scheint also hinfällig – ganz nach dem Motto: Man nennt Personen, die Musik hören auch nicht Musikhörer.
Diese Aussage wird vom Marktanteil der Gaming-Industrie im Entertainment Sektor unterstützt, denn Gaming steht vor der Musik- und Film-Industrie auf Platz eins.

Die Zielgruppe ist also sehr vielschichtig. Schon von Spiel zu Spiel erreicht man komplett unterschiedliche Personen, denn auch diese richten sich nach bestimmten Zielgruppen unter den Gamern. Aber nicht nur von Spiel zu Spiel, sondern auch von der Intensität und der Art des Spielens unterscheiden sie sich. Dabei würde ich differenzieren zwischen:

  • Gelegenheitsspieler,
    die ab und zu mal ein Handygame spielen oder vielleicht auch eine Konsole Zuhause haben, aber eher selten zum Spielen kommen.
  • Casual Gamer,
    die schon regelmäßig spielen, jedoch beim Single Player spielen eher den Wert auf Spaß legen und nicht darauf, jede Trophäe zu holen. Sie spielen meist Multiplayer Games ohne große Ambitionen.
  • Core Gamer,
    die immer auf dem neusten Stand der Technik sind, genau das Geschehen der Spieleindustrie verfolgen und fast täglich Videospiele spielen.
  • eSportler,
    die sich vor allem in Multiplayer spielen verbessern wollen, im Team und allein. Ziel ist es, besser zu werden als die Gegner und möglicherweise in einer Hierarchie aufzusteigen. Und natürlich auch Spieler, die an Turnieren teilnehmen.
  • Profi-eSportler,
    die von dem virtuellen Wettkampf ihr Leben finanzieren können.

Und wie können Unternehmen diese Zielgruppen erreichen?

Nach der Evaluation der Zielgruppe, folgt die Überlegung, wie man diese erreicht. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten:

Influencer Marketing

Influencer Marketing ist ein sehr wirksames Tool, um seine Marke in spezifischen Zielgruppen des Gaming-Markts zu etablieren.
Im Idealfall passen nicht nur die Zuschauer zur Zielgruppe Deiner/s Marke/Produkts, sondern auch der/die Influencer*in. Ein sehr gutes Beispiel ist die Kooperation zwischen got2b und Twitch-Streamerin und Cosplayerin Farbenfuchs. got2b hat mit ihren Haar- und Schminkprodukten im ersten Hinblick keinen direkten Bezug zum Gaming. Aber sie haben sich eine der größten Cosplayerinnen Deutschlands geschnappt, die für ihre Verwandlungen in die verschiedensten Charaktere sowieso schon die Produkte genutzt hat. got2b hat damit eine perfekte Verbindung zwischen ihren Produkten und der Gaming-Community hergestellt.

Junge Frau in Cosplay neben Werbung für got2b

Quelle: youtube.com

Hinzu kommen kreative Produktplatzierungsideen in den Streams ihrer Influencer, wie die got2b Rätselbox, die wie eine Schatztruhe mit mehreren Hinweisen gespickt im Verlaufe eines ganzen Streams geöffnet wurde. Das führt zum einen dazu, dass mehrmals im Stream auf die Marke hingewiesen wird und auch für den Streamer Content-seitig ein Mehrwert entsteht, mit dem er Spannung über den ganzen Stream hinweg aufbauen kann.

Screenshot einer Livestream-Ankündigung von got2b auf Twitch

Quelle: twitch.tv

Pro: Starke Bindung zu Influencer Community, wenn gut umgesetzt. Erreichen spezifischer Zielgruppen (gutes Targeting).
Contra: Je nach Influencer und Aufwand fallen Kosten an. Es erfordert viel Kreativität und Zielgruppenkenntnis, um die Leute abzuholen.

Social Media Content

Social Media im Gaming ist ein Bereich, indem man ohne große zusätzliche Kosten, aber mit viel Aufwand sein Standing und seine Sichtbarkeit in der Branche stark verbessern kann. Unfassbar wichtig ist allerdings – wie bei allen anderen Maßnahmen auch – dass man die Gaming-Zielgruppe, die man ansprechen will, gut kennt. Es bringt nichts 08*/15-Werbespots zu drehen oder zu animieren und diese als Anzeige zu schalten. Gamer brauchen Emotionen, am besten in Form von Humor, der den Geschmack der Zielgruppe trifft. Man kann sich selbst auf den Arm nehmen, einen lustigen Twist in seinen Content integrieren oder ähnliches. Gamer sind clever! Sie wollen ihr Wissen über die Industrie zeigen und dabei auch abgeholt werden. Außerdem ist eine hohe Reaktionsschnelligkeit auf aktuelle Geschehnisse von Vorteil. 

Als überragendes Beispiel gilt, wie auch in so vielen anderen Fällen, der Account von Dr. Oetker Pizza, der – insbesondere auf Twitter – vor allem durch seine vielen smarten Kommentare unter Beiträgen von Gaming-Influencern und -Marken immer wieder auffällt und dadurch für viele in der Gaming-Industrie äußerst positiv in Erscheinung tritt.
Hier eines von vielen Beispielen, wie Dr. Oetker mit Gaming-Influencern kommuniziert:

Screenshot einer Antwort von Dr Oetker Pizza auf einen Tweet

Quelle: twitter.com

Pro: Geringe zusätzliche Kosten, große Aufmerksamkeit in spezifischen Zielgruppen.
Contra:
Großer und tagesaktueller Aufwand

Ingame-Werbung

Eine sehr exklusive Variante, sein Unternehmen im Gaming-Sektor zu platzieren, ist die Werbung im Spiel selbst. Ein gutes Beispiel für Werbung im Spiel ist der Energy-Drink Monster, der im Liebhaber-Blockbuster Death Stranding als Health-Trank in der Umkleide genutzt wird. Mit dieser Platzierung sicherte sich Monster die Aufmerksamkeit der Zielgruppe und Millionen verkaufte Exemplare. 

Pro: Sehr starke Sichtbarkeit in einer Nische mit ziemlich spezifischer Zielgruppe, da auf ein Spiel begrenzt.
Contra: Vermutlich sehr teuer, kann auch negativ erscheinen, da Werbung in Spielen nicht gemocht wird, wenn sie nicht smart und passend integriert wird.

eSport Sponsoring

Das Sponsoring in eSport Teams und eSport Übertragungen ist – vor allem auf nationaler Ebene – ein sehr nischiges Unterfangen. Hier spricht man einen sehr kleinen, aber auch sehr spezifischen Markt an. Als oberste Priorität gilt, eine Brücke zu schlagen zwischen dem eigenen Unternehmen und eSport. Die Frage lautet also: Wie kann ich mein Unternehmen kreativ mit dem eSport verbinden? Im besten Falle wird mit den Teams erörtert, wie man sich am besten platziert. Als Marke sollte man sich bewusst sein, dass „Serious Business“ im eSport nur wenig funktionieren wird. Es kann allerdings funktionieren, wenn die komplette Außendarstellung in Form von Video, Bild und Social Media höchste Produktionsqualität besitzen. Da das aber sehr teuer ist und meist nur bei den bereits etablierten Marken gut funktioniert, sollte die Außendarstellung stark aufgelockert und am besten in ein humoristisches Kostüm gesteckt werden.
Das größte eSport Team Europas „G2 Esports“ hat das perfektioniert. Kooperationen mit Ralph Lauren und Adidas wurden so eindrucksvoll veröffentlicht, dass man gar nicht anders konnte, als Fan von den Partnerschaften zu werden.
Announcement Adidas:

Screenshot eines Twitter Posts von G2 Esports

Quelle: twitter.com

Announcement Ralph Lauren:

Screenshot eines Ankündigungsvideos von G2 Esports und Ralph Lauren auf Twitter

Quelle: twitter.com

Pro: Early Adopter in einem Zukunftsmarkt in einer sehr gut abgrenzbaren jungen Zielgruppe
Contra: Teuer und hohes Risiko

Was ist Dein Schlussplädoyer?

Zusammengefasst kann man sagen, es kommt gut an, wenn sich Firmen Gaming-Affin bekennen und sich den Interessen der Gamer*innen anpassen. Jedoch sollte das nie plump geschehen. Es bringt nichts, halbe Sachen zu machen. Committed euch und seid aktiv. Die Content-Qualität muss entweder: Ultra High oder Trash sein. Alles dazwischen ist langweilig.  Ich bin der Überzeugung, dass wirklich jede Firma der Gaming-Community gefallen könnte, wenn der Content passt. Natürlich haben es wahrscheinlich innovative Unternehmen, die einen direkten Bezug zur Gaming-Community haben und die dieser einen Mehrwehrt bringen können, leichter, aber auch augenscheinlich unpassende Unternehmen können in dieser Community auf sich aufmerksam machen, wenn sie sich selbst nicht zu ernst nehmen.


Ihr habt noch Fragen zum Thema Social Media und Gaming, Anmerkungen oder Themenwünsche? Schreibt uns wie immer gern an hallo@somengo.de, via Instagram Direct oder im Facebook Messenger. Wir freuen uns auf Eure Nachrichten!

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